Kann man das wirklich machen? Eine Uhr komplett mit Öl füllen? Und welche Vorteile hat so eine Hydro-Mod-Uhr? Diese Fragen habe ich mir auch gestellt. Und neugierig wie ich nun mal bin, habe ich es einfach mal selbst ausprobiert.
Es begann damit, dass ich vor einigen Monaten auf Youtube das eine oder andere Hydromod-Video als Empfehlung erhielt. Das Thema war mir durchaus bekannt. Nicht zuletzt, weil eine ölgefüllte Vintage Sinn 403 Hydro (s. ebay – Partnerlink/Werbung) schon seit Ewigkeiten auf meiner Liste steht.
Allerdings fand ich die Idee, dies mit einer weitaus günstigeren Uhr selbst auszuprobieren, dann doch etwas besser. Zumindest für den Einstieg. Gewissermaßen als Alternative. Also, ran ans Werk.
Und gleich vorweg, bevor Ihr es selbst ausprobiert: Das Ganze funktioniert nur mit Quarzuhren.
Bitte versucht es nicht mit einer mechanischen Uhr.
Der Grund: Öl und eine fein schwingende Unruh vertragen sich einfach nicht. Egal, wie „leicht“ das Öl bzw. niedrig dessen Viskosität ist. Dazu aber später mehr.
Zurück zum Selbst-Experiment. Ich habe mich hier für meine Casio Duro (aka Marlin) entschieden. Eine Uhr unter 100 Euro, die ich Euch schon mehrfach in diesem Uhrenblog empfohlen und selbst vor einigen Jahren gekauft habe. (Fun Fact am Rande: Bill Gates ist einer der bekanntesten Träger dieser Uhr.)
Ein wichtiges Kriterium für mich war dabei, dass die Duro einen Schraubboden hat – keinen Druckboden. Denn der wäre beim Schließen der Uhr (bzw. Hantieren im Öl) äußerst unpraktisch und wahrscheinlich auch ein Garant für unerwünschte Lufteinschlüsse. Die sind nämlich der Erzfeind bei so einem Projekt. Zumindest dann, wenn man sie nicht absichtlich unter dem Glas haben möchte.
Aber reden wir nicht lange. Kommen wir zum „Do-it-yourself“-Projekt Hydro-Uhr.
DIY-Anleitung Hydromod – das Equipment
Ihr seht, man benötigt erstaunlich wenig für dieses Modding (Verändern, Modifizieren):
- Eine Quarzuhr. In meinem Fall die besagte Casio MDV-106, die Ihr aktuell für (deutlich) unter 100 Euro auf amazon oder ebay bekommt (Partnerlinks/Werbung)
- Eine Einwegspritze, hier 25 ml und in jeder Apotheke erhältlich
- Einen Gehäuseöffner (s. dazu Uhrmacherwerkzeug)
- Ein Gefäß, das im besten Fall durchsichtig und möglichst nicht viel größer als die Uhr ist
- Und natürlich Öl. Konkret: Silikonöl mit einer möglichst niedrigen Viskosität (Zähflüssigkeit). Die geringste, die ich gefunden habe, lag bei 20 cSt (Centistokes) – was laut Hersteller in etwa Wasser entsprechen soll. So ein geruchloses Öl bekommt Ihr ebenfalls auf amazon oder ebay für maximal 10 Euro (250 ml)
That´s it.
Im nächsten Schritt gilt es dann, die Uhr zu öffnen und für das Befüllen vorzubereiten:
Und ja, bei diesen Quarzuhren ist einiges an Kunststoff am Start…
Und ab mit der Uhr ins Glasgefäß, damit sie im nächsten Schritt ihr Ölbad erhält.
Dafür war ein Ortswechsel nötig, denn das Ganze ist eine sehr ölige Angelegenheit…
Nun kam die Spritze zum Einsatz. Mit ihr habe ich zunächst nur das Werk „geflutet“:
Das Werk kann man natürlich auch ausbauen. Ich war aber der Meinung, dass es auch so geht – und in Sachen (unnötige) Luftbläschen-Bildung der bessere Ansatz sein könnte.
Es folgte das komplette Ölbad – mit der Flasche ordentlich Öl auffüllen:
Hier muss man übrigens nicht geizen, da man das Öl zurück füllen und wiederverwenden kann.
Im nächsten Foto seht Ihr den Grund, warum ich Euch oben zu einem durchsichtigen Behälter geraten habe:
So könnt Ihr zwischendurch immer wieder kontrollieren, ob und wo noch Luft eingeschlossen ist – oder eben nicht.
Wie gesagt: Luftblasen sind hierbei wirklich ein Thema. Und es gibt verschiedene Ansätze, um eine Uhr beim Befüllen mit Öl blasenfrei zu bekommen.
Meiner war: Das Werk mit Zifferblatt und allem Drum und Dran behutsam (!) anzuheben und herunterzudrücken. Und das mehrfach. Das Öl kam so in Zirkulation und hat die Luft regelrecht herausgespült. Irgendwann kamen keine Bläschen mehr zum Vorschein.
Danach ging es ans Zuschschrauben.
Den Gehäuseboden habe ich ebenfalls ins Öl gelegt. Vorsichtig aufgesetzt, um auch hier keine Luft einzuschließen. Den Boden kann man ebenfalls ein wenig auf und ab bewegen, damit eine erwünschte Zirkulation entsteht.
Was ich übrigens weggelassen habe: Die weiße Plastikabdeckung (Staubschutz & zusätzlicher Werkhaltering?), die ein Garant für Luftbläschen ist. (Ja, ich weiß. Das ist total „riskant und gefährlich“. Wer es also super ordentlich und korrekt mag, der verzichtet selbstverständlich nicht auf diesen Schutz. Ich selber gehe dieses Risiko einfach mal ein. Leben am Limit – mein Lifestyle ;)).
Danach ging es mit dem Gehäuseöffner ins Öl, um den Boden zu verschrauben. Wie gesagt, eine sehr ölige Sache. Weswegen ich auf weitere Fotos verzichtet habe. Meine Kamera wollte ich an dieser Stelle wirklich nicht in die Hand nehmen und bedienen…
Aber hier das Ergebnis.
Hydro-Mod – Der in Öl eingelegte „Marlin“ ;)
Hat was, oder? Zumal Ihr hier auch gleich seht, welchen optischen Effekt das Öl im Inneren hat. Man kann selbst bei extrem steilem Blickwinkel das Zifferblatt noch sehr gut ablesen. Alles ist schön klar. Und das „Reflexions-Verhalten“ des Glases ist komplett verändert.
Vor allem unter Wasser, wo das Uhrenglas einer normalen und mit Luft gefüllten Uhr (je nach Winkel) derart stark spiegeln kann, dass sie überhaupt nicht mehr ablesbar ist. Für Taucher können solche ölgefüllten Uhren also durchaus nützlich und praktisch sein.
Aber zurück an Land: Je steiler der Blickwinkel ist, desto mehr verschwindet der 3D-Eindruck – und wird zu 2D. Als würde die Uhr, ähnlich wie ein Smartwatch, ein flaches Display haben:
Ein wirklich schöner Effekt, über den ich jedes Mal freue, wenn ich die Uhr trage und sie hin- und herbewege :)
Da dies auf den Fotos nur bedingt rüberkommt – hier ein Video:
Fazit: Pro & Contra
Insgesamt ein sehr schönes und spannendes Projekt. Aber es gibt dann doch ein paar Punkte, die man bedenken sollte. Da wäre zum Beispiel die ölige Schmiererei, um die Ihr beim Befüllen nicht herumkommen werdet. Wer das nicht mag, lässt es lieber.
Dazu kommt: Selbst nach mehrfachem Waschen und Reinigen der (gut) verschraubten Casio Duro, bleibt relativ lange ein leicht öliger Film auf der Uhr. In einem Youtube-Video heißt es dazu, dass sich wohl unter der Lünette einiges an Öl „verstecken“ kann und nach und nach zum Vorschein kommt. Das deckt sich mit meiner bisherigen Erfahrung. Nicht wirklich schlimm, aber eben doch spürbar. Vergleichbar mit einem Handy-Display, das reichlich „Fettfinger“-Abdrücke aufweist. Aber keine Bange, Eure Kleidung versaut Ihr damit nicht.
Und dann ist da noch die Bläschenbildung. Davon blieb ich zwar einige Stunden verschont, doch plötzlich tauchte dieser Kollege hier „zwischen 10 und 11 Uhr“ auf:
Interessant hierbei: Als ich die Uhr umband (Körperwärme) oder an einen warmen Ort legte, verschwand das Bläschen. Legte ich Dir Uhr aber über Nacht ab, fand ich morgens ein größeres vor. Zumindest war es nach einem Tag so.
Und das bedeutet allem Anschein nach: Wenn sich das Öl bei Wärme ausdehnt, verschwindet die Bläschen-Problematik. Und taucht erst dann wieder auf, wenn sich der in Öl eingelegte Marlin leicht verkühlt ;) Physik at its best.
Also: Umbinden und alles ist gut. Damit kann ich leben. Und werde die Uhr (vorerst) nicht noch einmal öffnen – aber natürlich weiter beobachten. (Update: Nach mehreren Tage: Kein Bläschen mehr zu sehen)
Was die Ganggenauigkeit angeht, habe ich (noch) nichts Negatives feststellen können – zumindest nicht nach 1 1/2 Tagen. Keine Gangabweichung bisher. Auch das werde ich weiter beobachten und ggf. aktualisieren. (Update: Nach einer Woche sind es -3 Sekunden Gangabweichung).
Und was ist mit der Wasserdichtigkeit? Nun, darüber müsst Ihr Euch am wenigsten Gedanken machen. Wo Öl ist, da kommt Wasser nicht weit. Denn Öle sind hydrophob und halten Wasser (von sich) fern. Sprich: In so eine Hydro-Uhr wird sicherlich kein Wasser eindringen.
Im Gegenteil: Die Wasserdichtigkeit erhöht sich sogar (s. Video-Tipps unten). Denn das Öl stellt nicht nur eine schützende Barriere für das batteriebetriebene Quarzwerk dar, sondern unterstützt gleichzeitig auch die Glas-Gehäuse-Einheit in Sachen Druck. Inkompressibilität lautet hier das Stichwort. – Und nein, das Öl erzeugt hier auch keinen Kurzschluss oder ähnliches.
Eine Sache, die mir aufgefallen ist: Bei nicht so guten Lichtverhältnissen (Dämmerung, dunkler Räume) wirkt es so, als würde auf dem Zifferblatt ein leicht dunkler „Schleier“ liegen. Ein wenig bläulich. Aber nur minimal und bei normalem Tageslicht kaum sichtbar – bei direktem Sonnenlicht gar nicht. Das kann am Öl liegen (obwohl äußerst klar). Oder es handelt sich hierbei um einen optischen Effekt bzw. Reflexionen innerhalb der Uhr (Stichwort: dunkles Zifferblatt).
Kommen wir zum Thema Silikonöl. Laut Wikipedia handelt es sich hierbei um ein unbedenkliches Produkt, das nicht nur in der Industrie, sondern auch in medizinischen Bereichen (Augenoperationen, Salben, Gleitmittel, Bekämpfung von Kopfläusen etc.) und bei Kosmetika, Massage-Ölen, Wasch- und Reinigungsmittel zum Einsatz kommt. Sogar in Lebensmitteln sind Silikonöle demnach zu finden. Zum Beispiel in Konfitüren und Fruchtsäften. Letzteres aber nur außerhalb der EU. – Kurzum: Was eventuelle gesundheitliche Bedenken angeht, so kann man die streichen bzw. dahinter einen beruhigten Haken setzen. Und umweltfreundlich bzw. unbedenklich ist es wohl auch.
Bleibt die Frage: Hydro-Mod – soll man es tun oder besser lassen? Das kommt auf Euch an. Wer neugierig ist und eine günstige Quarzuhr rumliegen hat, die er kaum trägt. Warum nicht? Go for it.
Allerdings sollte man ein wenig handwerkliches Geschick und rudimentäres Physik-Verständnis mitbringen. Ansonsten tut man sich vielleicht etwas schwer. Und ölig wird es auf jeden Fall. Das kann ich Euch garantieren :)
Wer es nun ganz genau wissen und so richtig in das Thema Hydro-Mod einsteigen möchte – hier ein paar der besagten Youtube-Videos mit vielen weiteren Infos und Tipps:
Und zum Thema Wasserdichtigkeit – ein sehr eindrucksvoller Test:
Und nun: Viel Spaß beim Ausprobieren! :)