Dass Retro-Uhren mehr als nur ein kurzzeitiger Trend sind, dürfte mittlerweile jeder Uhrenhersteller begriffen haben. So auch die Uhrenmarken Tissot und Bell & Ross. Man hat verstanden, was sich viele Uhren-Fans für ihr Handgelenk wünschen. Und obwohl sich der eine oder andere Hersteller noch dagegen sträubt: Wer derzeit Retro- und Heritage-Modelle produziert, der hat generell schon mal aufs richtige Pferd gesetzt. Der Rest ist „daily business“. Zumindest für jene, die in etwa wissen, wie man PR, Marketing und Werbung für Uhren betreiben sollte.
Vor allem Rolex ist es mit der hauseigenen Marke Tudor – beginnend 2012 bis heute – gelungen, mit nur einem Retro-Modell (Tudor Black Bay) ihrer bis dahin leicht vernachlässigten Nebenmarke ein fulminantes Comeback in der Gunst vieler Uhren-Fans zu feiern. Man könnte fast schon Sanierung dazu sagen. Denn die Black Bay ist sicherlich so etwas wie die „Cash Cow“ oder Gelddruckmaschine für Tudor – inklusive einem neuen Image und Stellenwert im Bereich der (noch erschwinglichen) Luxusuhren. Und das vollkommen zu Recht und verdient. Tudor hat bei dieser Modellreihe vieles richtig gemacht. Zumindest was die Uhren angeht. Über die Wahl der Promi-Testimonials und „Brand-Ambassadors“ etc. kann man streiten.
Heritage-Modelle 2019
Aber zurück zu Tissot und Bell & Ross. Beide Hersteller präsentieren in diesem Jahr einige interessante Heritage-Modelle, die ich Euch vorstellen möchte. Während Tissot die eigenen Archive durchsuchen konnte, um eine Neu-Interpretation eines Vintage-Chronographen zu kreieren, muss Bell & Ross seine Retro-Uhren gewissermaßen komplett neu gestalten. Denn: Die anfänglich von Helmut Sinn unterstützte und heute zu Chanel (!) gehörende Uhrenmarke gibt es erst seit 1992. Was überhaupt kein Manko ist, denn das Retro-Design von Bell & Ross ist in meinen Augen ziemlich gut gelungen. Doch dazu mehr später.
Beginnen wir mit dem „Einzelgänger“. Einem Retro-Chrono von Tissot, und kommen später dann zu vier neuen Modellen von Bell & Ross.
Tissot Heritage 1973 Chronograph – Limited Edition
First Look & Hands-On: Bei einer Präsentation in Hamburg konnte ich einen Blick auf den auf 1.973 Stück limitierten Chronographen werfen. Der erste Eindruck war schon mal sehr ordentlich. Ein sogenanntes Panda-Dial (Weiß-Schwarz-Design des Zifferblatts) und die Totalisatoren in einer sehr beliebten Tricompax-Formation (Hilfszifferblätter auf „3“, „6“ und „9“). Die Kombination ist fast schon ein Erfolgsgarant :)
Umgebunden: Tatsächlich hätte ich erwartet, dass die Uhr mit ihren 43 mm Durchmesser noch wuchtiger am Handgelenk wirkt. Es geht aber (gerade) noch. Klein ist diese Uhr aber definitiv nicht.
Das kissenförmige Gehäuse wirkt leicht „oval“ – das macht die Uhr etwas „länger“. Hier bin ich mir nicht sicher, ob eine gleichmäßigere Form nicht doch besser gewesen wäre. Aber das ist mein persönlicher Geschmack.
Die Rückseite & Werk. Macht auf jeden Fall etwas her: Der goldene Rotor – sichtbar dank Glasboden. Im Inneren arbeitet ein ETA/Valjoux 7753. Es ermöglicht die Anordnung der oben erwähnten Totalisatoren auf „3“, „6“ und „9“ (statt auf „6“, „9“ und „12“ beim Klassiker ETA/Valjoux 7750, der hier als Basis dient). Mehr dazu.
Das ist übrigens der historische Vorgänger:
Sieht etwas anders aus, oder? Das ist wohl beabsichtigt. Mal abgesehen von den Farben: Das etwas unsymmetrische Navigator-Design (zwei Totalisatoren) von damals ist alles andere als Mainstream. Und da man diese Neuauflage an den Mann bringen möchte, hat man sich bei Tissot sehr wahrscheinlich für eine etwas gefälligere Version entschieden :)
Der Preis des Tissot Heritage 1973 Chronographen liegt bei 1.990 Euro. Und der ist erstaunlich hoch. Nicht unbedingt für einen mechanischen und limitierten Chrono wie diesen, sondern für Tissot als Marke. Es sieht ein wenig danach aus, dass die Swatch Group, zu der Tissot ja gehört, hier eine neue (Preis-)Strategie fährt. Oder zumindest ausprobiert. Denn sowohl der Preis als auch das Konzept dieses Chronographen hätte eher zu der etwas höherpreisigen Schwester-Marke Longines und deren Heritage-Kollektion gepasst. Ich vermute mal, dass wir hier Zukunft noch einige Veränderungen sehen werden. In Sachen Design – und Preisen :)
Kommen wir zu weiteren interessanten Retro-Uhren und Neuerscheinungen des Jahres 2019:
Bell & Ross – Heritage/Vintage-Modelle
Chronograph – BR V2-94 Military Beige
Bell & Ross ist auf der Baselworld immer wieder ein Garant dafür, dass ich Retro-Uhren zu sehen bekomme, die ich mag. Mittlerweile weiß das auch das PR-Team und legt mir gleich die von mir geliebten „runden Uhren“ statt der für B&R typisch „viereckigen“ hin :) Oben seht Ihr so eine Uhr. Den Bell & Ross Chronograph BR V2-94 Military Beige. Kein wirklich neues Design, lediglich eine neue Farbe im Programm. Aber: Sehr gut ausgewählt und eingesetzt. Der Preis liegt bei 4.200 Euro. Damit kostet der Chrono rund 400 Euro weniger als eine Omega Speedmaster Moonwatch. Wer also generell sportliche Chronographen in diesem Stil mag, sich aber – aus welchem Grund auch immer – nicht so recht für die Speedmaster entscheiden kann, für den könnte so eine Bell & Ross eine schöne Alternative sein. Viel Geld ist es natürlich trotzdem – vor allem, wenn man diesen Chrono nun preislich mit der Tissot oben vergleicht…
Etwas „günstiger“ – das Dreizeiger-Modell:
BR V2-92 Military Beige
Hat auch was. Für alle, die es etwas ruhiger auf dem Zifferblatt mögen. Der Preis der BR V2-92 Military Beige liegt bei 2.900 Euro. Die Uhr kommt an so einem Textilband:
Interessant: Laut Hersteller hat diese Uhr denselben Durchmesser wie der Chronograph: 41 mm. Kam mir beim Anprobieren jedoch kleiner vor… Ebenso auf den Bildern. Wie auch immer: Beide Uhren sind ein Anprobieren wert :)
Und noch eine Lesetipp, da hier das Stichwort Military fällt – ein Artikel für alle, die sich für (echte) Militäruhren interessieren.
Und wer es etwas edler mag:
Bell & Ross BR V2-94 Bellytanker Bronze – Limited Edition
Diese Bronze-Uhr gehört zur Bellytanker-Reihe, die B&R in 2017 erstmals vorgestellt hat. Machen wir es kurz: Die BR V2-94 Bellytanker Bronze ist auf 999 Stück limitiert und kostet 4.900 Euro. Auch das ist nicht gerade wenig. Und wer etwas besser vergleichen und Preise in Relation setzen möchte, der sollte sich vielleicht den neuen Tudor Black Bay Chrono S&G (Ref. 79363N) anschauen. Da setzt man statt auf Bronze auf Gold. Zumindest bei einzelnen Teilen der Uhr. Das Gehäuse selbst ist aus Stahl. Was aber den generellen Farb- und Designstil angeht, so gehen die beiden Uhren in eine ähnliche Richtung.
Last but not least: Ein wenig „Blue Steel“ (#Zoolander? ;))
BR V1-92 Blue Steel
Ein schönes, klares Blau – auf einer schönen und klaren Dreizeiger-Uhr. Die BR V1-92 Blue Steel ist im Durchmesser recht klein (38,5 mm). Aber ich behaupte mal, dass sie dennoch ordentlich auffällt, wenn man sie trägt. Die Uhr ist rundum gelungen. Über die Größe des Logos könnte man streiten. Aber ich bin kein Designer – halte mich mal lieber zurück :) Und es ist ja erste Eindruck, der zählt: Der war bei allen oben gezeigten Modellen durchweg positiv. So auch bei der „kleinen Blauen“. Fehlt nur noch der Preis: Der liegt bei 2.200 Euro.
Soweit also zu den neuen Heritage-Modellen von Tissot und Bell & Ross.
Wer noch nicht genug hat, der findet hier im Blog noch einige weitere Artikel rund um das Thema Retro-Uhren.
Viel Spaß beim Stöbern! :)