Die Top 3 Uhren-Trends 2018

Tissot Heritage
(Lesezeit: 7 Min.)

Ja, ich weiß – Uhren-Trends sind immer so eine Sache. Erst recht, wenn die Uhrenbranche sie selbst auserkoren hat und mit unbeholfenem Marketing versucht, sie in die Presse und an den Leser zu bringen. Zum Beispiel während der Baselworld. Was hier und da sogar gelingt. – Also, für alle Mode-Opfer und Fashion-Magazin-Leser: Der diesjährige Trend, das „neue Schwarz“ laut Fashion- Uhrenbranche, ist: Grün bzw. grüne Uhren und Zifferblätter.

Lauft also los und kauft Euch Uhren im Waldmeister-Look – damit ihr für ein paar Monate trendy sein könnt.

Nächstes Jahr wird´s dann eine andere Farbe sein: Rot. Gelb. Oder gar Pink. – Im letzten Jahr waren es übrigens blaue Zifferblätter. Glaube ich. Und davor… Grau? – Wayne interessiert´s ;)  Als ob es diese Zifferblattfarben vorher nicht gegeben hätte. Und nur fürs Protokoll: Ich habe nichts gegen grüne, blaue, graue oder andersfarbige Zifferblätter – nur etwas gegen diese inhaltsleere „Fashion- und Saison-Denke“. Sie darf gern in der Modewelt bleiben. (Mehr zum „Grün-Trend“ der Baselworld 2018)

Jetzt aber echt: Uhren-Trends 2018 – jenseits lustiger Farbspiele

Zurück zum Thema: Denn in diesem Artikel soll es um Uhren-Trends mit etwas mehr Substanz und News-Wert gehen. Die sind zwar weniger bunt, dürften aber für einige von uns Uhren-Fans ein paar gute und interessante Nachrichten bereithalten. Unter anderem, dass die Branche sich endlich darum kümmert, was der durchschnittliche Uhrenfan und -käufer wünscht – und dies sogar in Form von neuen Modellen umsetzt.
Verrückt, ich weiß. Aber die hauptsächlich in der Schweiz angesiedelte Uhrenbranche erkennt langsam (seeehr langsam), dass der Kunde doch König ist. Nicht sie selbst.

   

Kommen wir zu den Uhren-Trends im Einzelnen. Der erste wird all diejenigen freuen, die eher schmale Handgelenke haben. Zudem jene, die sehr viel von Understatement halten und der Meinung sind, dass man Uhren nicht wie Tellerminen am Arm tragen sollte:

Uhren-Trends 2018 – #1: Weniger ist mehr – Uhren mit kleinem Durchmesser (≤ 40 mm)

Breitling Navitimer 1 Automatic 38

Dass Retro-Uhren ein bestimmender Trend der letzten Jahren waren, dürftet Ihr als Leser dieses und anderer Uhrenblogs sicherlich mitbekommen haben. Viele Uhrenhersteller haben in ihren Archiven gekramt und die Klassiker der 50er, 60er und 70er Jahre wiederbelebt. Sehr oft haben sie dabei die Uhrendurchmesser dem bisher vorherrschenden Geschmack von über 40 Millimeter angepasst. Sie haben gewissermaßen das Design der alten Uhren übernommen und in Sachen Größe ein wenig „aufgepumpt“. Denn Uhren waren damals wesentlich kleiner – und das passte bis dato nicht ganz in den Zeitgeschmack. Eine sichere Hausnummer und guter Mainstream waren bisher immer 41 bis 42 Millimeter Gehäusedurchmesser (lasst uns bitte nicht über die Auswüchse weit über 45mm sprechen). Doch das ändert sich gerade. Die Durchmesser siedeln sich bei Uhrenneuheiten immer öfter – und erst recht seit der Baselworld 2018 – bei und unterhalb der 40-mm-Marke an. Oder anders gesagt: 39 Millimeter könnte das neue 42 Millimeter werden (oder das neue Grün – oder doch das neue Schwarz? ;)) Einige Hersteller schrecken nicht einmal vor 36 Millimeter zurück. Und wir sprechen hier immer noch von Herrenuhren.

Interessant dabei ist, dass laut dem einen oder anderen Uhrenhersteller, diese Nachfrage tatsächlich von männlichen Uhrenkäufern kommt – und man deren Wünschen (endlich) entspricht. Mich persönlich wundert es nicht. Es muss nicht immer groß und auffällig sein. Und für Uhrenhersteller haben solche Unisex-Größen sicherlich auch ihre Vorteile.

Damit das Ganze nicht eine steile These bleibt, hier ein paar Uhren-Neuheiten, die der Gentleman von heute – gänzlich frei von Großmannssucht – tragen kann:

Omega Seamaster 1948 Limited Edition – 38mm

Uhren-Trends 2018 - Omega Seamaster 300 1948 Limited Edition  - 38mm

Omega hat sich hier sehr an den alten Seamaster-Modellen orientiert – in Design und Größe. Preis: ab 5.700 Euro. Mehr dazu hier auf zeigr und im Uhrenblog ablogtowatch.

Tudor Black Bay Fifty Eight – 39 mm

Uhren-Trends 2018 - Tudor Black Bay Fifty Eight (39mm)

Im Prinzip die Tudor Black Bay Black (41mm) – nur eben in klein und etwas „günstiger“. Preis: ab 3.040 Euro (vs. 3.140 Euro). Mehr zur Tudor Black Bay Fifty Eight findet Ihr im Uhrenblog Monochrome.

Rado Hyperchrome Captain Cook – 37,3 mm

Dieses Modell gab es bereits in beachtlichen 45mm (siehe rechts) – nun die wesentlich kleinere und günstigere Version. Preis: ab 1.820 Euro (vs. ab 2.320 Euro) Mehr dazu.

Breitling Navitimer 1 Automatic – 38 mm

Uhren-Trends 2018: Breitling Navitimer 1 - 38 mm

Die legendäre Navitimer – ohne Chronograph und etwas handlicher. Nicht ganz so klein – der Preis: 3.920 Euro. Mehr zur Breitling Navitimer 1 in diesem zeigr-Artikel.

Oris Sixty-Five – 36 und 40 mm

Uhren-Trends 2018: Oris Sixty Five 36 & 40 mm

Es begann mit 42mm – und nun folgen eine 40-mm-Version und eine in 36mm. Interessanterweise hatte ich bereits 2016 in diesem Test zur Oris Sixty Five mehr als nur angedeutet, dass eine kleinere Version eine gute Idee sein könnte :) Nun sind es gleich zwei geworden. Preis: ab 1.900 Euro.

Mehr zur neuen Kleinen von Oris findet Ihr auch bei den Blogger-Kollegen von worn & wound.

Bulova Oceanographer „Devil Diver“ Limited Edition 40 mm

Bulova Devil Diver - 2018

Mit 40mm gewissermaßen der Riese unter den neuen Kleinen. Mehr zur limitierten 70er-Jahre-Neuauflage von Bulova bei Gear Patrol (Preis: ca. 1.500 Dollar).

Last but not least: Ein doppelte Trendsetter aus Glashütte – grün und klein ;)

Glashütte Original Sixties Annual Edition 39 mm

Bei der Sixties-Kollektion muss man dazusagen, dass Glashütte Original sie schon seit Jahren in dieser Größe anbietet. Also dem Trend nicht wirklich folgt, sondern den kleineren Durchmesser seit jeher im Programm hat. Für größere Handgelenke und Portemonnaies gibt es noch eine 42mm-Variante inklusive Panoramadatum (Foto rechts). Preis: 6.300 (39mm) Euro bzw. 7.800 Euro (42mm).

Soweit also zum Thema kleinere Durchmesser. Es gibt natürlich noch viele weitere Beispiele. Der Trend dürfte aber deutlich zu erkennen sein.

Für all diejenigen, die mit kleinen Uhren nun nichts anfangen können: Keine Bange. Die meisten Hersteller erweitern damit nur ihr Sortiment und die Auswahl für Kunden – was längst überfällig war. Natürlich bekommt Ihr auch weiterhin Uhren, die deutlich über 40 Millimeter liegen.

Uhren-Trends 2018 – #2: Mehr Zeiger pro Stunde – GMT (zweite Zweitzone)

Was sind die Kollegen von der Presse und anderen Uhrenblogs nicht unisono ausgeflippt… Geradezu hysterisch feierten sie ein Unternehmen, das gleichzeitig zwei „neue“ GMT-Uhren vorstellte und damit die Baselworld thematisch bestimmte. Das Unternehmen heißt Rolex und die sich ähnlich sehenden Uhren sind die Rolex GMT Master-II Pepsi (Ref. 126710 BLRO, Preis: 8.500 Euro) und die Tudor Black Bay GMT Pepsi (Ref. 79830RB, Preis: ab 3.330 Euro, mehr dazu auch hier).

Und so sehen die beiden Ball-Könige/-innen aus demselben Hause aus:

Bei all der Hysterie, mit der die werten Kollegen das nicht ganz so neue Modell von Rolex (gab´s schon – in Edelmetall) und das neue Farbspiel von Tudor (gab´s auch schon – von Rolex) feierten, ging vollkommen unter, dass es noch einige weitere sehr interessante GMT-Uhren von anderen Herstellern zu sehen gab. Diese zum Beispiel:

Uhren-Trends 2018: Bell & Ross GMT – BR V2-93 GMT (Preis: ab 2.900 Euro)

Uhren-Trends 2018 - Bell & Ross BRV2-93 GMT 24H

Uhren-Trends 2018: Tag Heuer Autavia GMT – Calibre 7 (Preis: tba)

Uhren Trends 2018 - Tag Heuer Autavia Calibre 7 GMT

Uhren-Trends 2018: Alpina Startimer Pilot Heritage Automatic GMT (Preis: 1.295 Euro)

Uhren-Trends 2018 - Alpina Startimer Pilot Heritage Automatic GMT

Nur drei Beispiele, um zu zeigen, dass es noch weitere Hersteller gibt, die dieses Jahr auf den zusätzlichen Stundenzeiger setzen. Wer noch mehr GMT-Uhren von der Baselworld 2018 sehen möchte – die Kollegen vom Uhrenblog Monochrome haben hier noch einige weitere zusammengestellt: https://monochrome-watches.com/buying-guide-best-gmt-travellers-watches-baselworld-2018/

Es sieht also so aus, dass die klassische Dreizeiger-Uhr vielen nicht mehr reicht. Es dürfen gern auch mal vier Zeiger bzw. eine zweite Zeitzone sein. Und ich mag diese Entwicklung. Die GMT-Funktion hat in meinen Augen was. Es handelt sich dabei um eine zusätzliche mechanische Komplikation (was an sich schon mal gut ist), die nicht vollkommen überteuert ist und einen gewissen Nutzwert hat. Vorausgesetzt natürlich, dass man regelmäßig eine zweite Zeitzone im Blick haben muss – oder ab und zu haben möchte. Auf Geschäfts- und Urlaubsreisen beispielsweise.

Und: Vergleicht man z.B. den Preis der „normalen“ Tudor Black Bay (ab 3.140 Euro) mit dem der GMT-Version (ab 3.330 Euro), dann kann man den Aufpreis von 190 Euro für diese zusätzliche Komplikation fast schon als „fair“ bezeichnen. Und das bei einem Luxusuhren-Hersteller. Denn faire Preise sind etwas, an das die meisten etablierten und renommierten Uhrenmarken in den letzten Jahren eher weniger gedacht haben. – Womit wir auch schon beim nächsten Uhren-Trend sind, der sich hoffentlich auch im nächsten Jahr fortsetzt.

Uhren-Trends 2018 – #3: Mehr Uhr fürs Geld

Dass ich das mal schreibe, hätte ich auch nicht gedacht: Ja, die Uhrenbranche hat dazugelernt. Ob sie es verstanden hat, weiß ich nicht – aber irgendein Groschen scheint gefallen zu sein. Oder ein Cent. Immerhin.

Was sie gelernt hat? Nun, dass ihr eine beachtliche Zielgruppe an potentiellen Uhrenkäufern seit Jahren wegbricht: Die jungen Käufer und der „Otto-Normal“-Uhrenträger bzw. Uhrensammler und -Fans. Die Hauptgründe für das Wegbrechen: Eine – mit Verlaub – dummdreiste Preispolitik, die sich in den vergangenen Jahren nur noch an Gutverdiener und „Neureiche“ (z.B. im wirtschaftlich boomenden China) zu richten schien. Oder etwas milder formuliert: Es herrschte eine gewisse Lustlosigkeit bzw. ein Motivationsmangel bei den Herstellern, gute Uhren zu einem guten (Einstiegs-)Preis anzubieten.

Wer das nicht glauben möchte, der möge bitte schauen, wie viele Menschen er kennt, die keine Uhr mehr  tragen? Oder wie viele zur Apple Watch greifen. Also zu jener von der Uhrenbranche belächelten Uhr (resp. „Uhr“), die sich bislang 40 Millionen mal verkauft haben soll – zu Preisen um die 300 Euro. Anhand dieser Zahlen lässt sich der ungefähre Milliardenumsatz berechnen, den der vermeintliche Flop Apple gebracht hat – und der etablierten und nicht mehr ganz so lächelnden Uhrenbranche fehlt.

„Wenn die Uhren-Branche keine vernünftigen Uhren zu vernünftigen Preisen anbietet, dann baut sich die Community eben ihre eigenen“

 

Oder er möge auf Kickstarter schauen, wie viele interessante, preislich attraktive und vor allem erfolgreiche Uhren-Projekte und Microbrands es dort gibt. Oder anders: Wenn die alteingesessene Uhrenbranche keine vernünftigen Uhren zu vernünftigen Preisen anbietet, dann baut sich die Crowd eben ihre eigenen :) – Oder noch anders: Den etablierten Uhrenherstellern wird von Apple und den unzähligen Microbrands im „unteren Preissegment“ gerade die Butter vom Brot genommen. Und das nicht zu knapp.

Aber wie gesagt: Der Groschen scheint irgendwie und irgendwo gefallen zu sein. Zwar senken die Uhrenhersteller nun keineswegs die Preise ihrer Top-Modelle, sie achten aber zumindest darauf, hier und da dem Normalverdiener den Einstieg in ihre Markenwelt zu erleichtern. Die Preise liegen bei manchen Herstellern immer noch bei rund 2.000 bis 3.000 Euro – aber hey, man darf von der Luxusbranche nicht zu viel auf einmal erwarten. Schließlich gilt für viele immer noch jede Uhr unter 5.000 Euro als Einstiegspreis, „Schnäppchen“ oder gar „Preiskracher“. Weltfremd, aber wahr.

Tatsächlich machen es zunehmend mehr bekannte Hersteller möglich, eine mechanische Schweizer Uhr (deutlich) unter 1.000 Euro zu bekommen. Eine sehr erfreuliche Entwicklung. Vor allem für Uhrenfans mit normalem Portemonaie und Einkommen.

Ausgerechnet der Mutter-Konzern der Luxusmarken Omega, Glashütte Original, Breguet & Co – die Swatch Group – legt sich hier mit ihren „kleineren Marken“ ins Zeug. Während sich die Omega-Sparte in Sachen Preis (und auch sonst) an Rolex reibt (und es übertreibt), sind es die kleinen Marken, die von Baselworld zu Baselworld immer mehr interessante Uhren mit beachtlichen technischen Features vorstellen. Vor allem Certina, Mido und Tissot machen hier seit geraumer Zeit einen guten Job. Ein paar Beispiele von der Baselworld 2018:

Uhren-Trends 2018 – Certina DS PH 200M

Baselworld 2018 Neuheiten Certina DS PH 200M

Mein persönlicher Favorit: Besser kann man eine Neuauflage kaum umsetzen. Es stimmt nahezu alles: Das Retro-Design, das Certina in Zusammenarbeit mit einem Blogger (vintagecertinas.ch) erarbeitet hat, das Schweizer Werk ETA Powermatic mit 80 (!) Stunden Gangreserve und der unverbindliche Preis von 695 Euro.

Uhren-Trends 2018 – Mido Commander Shade

Mido Commander Shade - 2018

Und noch eine gelungene Retro-Uhr – in diesem Jahr mit interessantem Zifferblatt-Verlauf (Shade). Ihr bekommt diese Special Edition des Klassikers, seit 1959 ununterbrochen im Mido-Programm, zum unverbindlichen Preis von 700 Euro (mehr dazu in der zweiten Hälfte dieses Artikels).

Uhren-Trends 2018 – Tissot Heritage Petite Seconde

Uhren-Trends 2018 - Tissot Heritage Petite Seconde 

Sehr Vintage. Und mit 42 mm zwar vergleichsweise groß (siehe oben, Uhren-Trend #1 ;)), aber auf jeden Fall ein Hingucker. Diese Retro-Tissot kommt mit Handaufzug und kleiner Sekunde. Die unverbindliche Preisempfehlung liegt bei 980 Euro. Also gerade noch unterhalb der magischen 1.000-Euro-Grenze. Wem das noch zu teuer erscheint, dem rate ich, einen Blick auf die seit längerem erhältliche Tissot Visodate zu werfen (Uhren bis 500 Euro). Auch eine sehr empfehlenswerte Uhr.

Interessant dabei: Während die Swatch Group bei ihrer Top-Marke Omega immer mehr „normale Uhrenkäufer“ mit kontinuierlich steigenden Preisen regelrecht vergrätzt und nur noch ein Luxus-Klientel auf Rolex-Niveau anspricht, bietet sie denselben Uhrenkäufern mit ihren anderen Uhrenmarken interessante Alternativen. Man könnte meinen, es gäbe da ein Strategie ;)

Soweit also zum Thema Uhren-Trends 2018. Sollten Euch noch weitere einfallen – lasst es mich gern wissen.

Link-Tipps:

Wer noch mehr darüber lesen möchte – beim australischen Uhrenblog Time & Tide gibt es noch ein paar weitere Uhren zu sehen:

LIST: The 3 biggest trends from Baselworld 2018

Auch sehr interessant – dieser Artikel aus der Sicht eines Fach-/Handelsmagazins:

https://www.blickpunktjuwelier.de/aktuell/fazit-baselworld-2018/